Frage:

egal wie viel ich übe, ich komme nicht voran. Immer noch mache ich bei jedem Stück kleine Fehler oder bleibe hängen. Was kann man da machen?



Antwort:

Das Problem kann man in den Griff kriegen, wenn man nicht so sehr auf die Übe-Quantität achtet, sondern mehr auf die Übe-Qualität. Viele angehende Musikanten denken immer noch, es hängt einzig allein von der Länge der Übezeit ab, um ein Stück etc. gut spielen zu können. Viel wichtiger ist es darauf zu achten, wie
gut man übt.

Wenn man ein Stück gut spielen möchte, geht es zunächst darum, seinen Fingern möglichst präzise Bewegungsabläufe beizubringen. Die Hände und der Körper sollen dabei möglichst locker und entspannt sein, jede Verspannung kann zu Fehlerquelle werden. Eine verspannte Hand ermüdet und macht Fehler - Bewegungen können nicht mehr leicht ausgührt werden.

Deshalb lasse ich z.B. meine SchülerInnen immer wieder Ihre Hände zwischendurch lockern (ich weiß, das kommt Euch schon zu den Ohren raus...). Lieber einmal zuviel als einmal zuwenig entspannt, ist die Devise. Also, immer wenn Du merkst, daß irgendwo was zwickt/verspannt ist - locker lassen. Alle paar Minuten beim Üben die Hände hängen lassen. Werde sensibel für unnötige Spannungen (das ist auch im normalen Leben hilfreich.. ;-))

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Tempo. Die meisten Leute üben viel zu schnell. Es ist sehr wichtig, jeder kleinen Bewegung der Hände sehr viel Aufmerksamkeit zu schenken. Jede Bewegung, die Ihr Euren Fingern beibringt, reproduziert Euer motorisches Gedächtnis exakt so, wie Du es ihm eingibst. Man kann das mit einem Computerprogramm vergleichen:

Der Programmierer (Hi Micki) oder die Programmiererin (Hi Ulrike!) müssen jede Zeile eines Programms ganz genau ohne Fehler schreiben, damit die Anwendung nachher rund läuft und nicht abstürzt (Hi Bill Gates!). Ist irgendwo ein Mini Fehler oder Unstimmigkeit bleibt der Fluß der Daten hängen. Ein gutes Programm zu schreiben ist eine (Sau-)Arbeit, wo jedes falsch geschriebene Satzzeichen kurzen Prozess mit dem Ablauf macht (gegrüsset sei'st Du blauer Bildschirm..).

Ähnlich verhält es sich beim Üben auf der Gitarre. Die Hände reproduzieren genau das, was Du ihnen eingibst. Sind kleine Unsicherheiten beim Ablauf einer bestimmten Stelle da, wird diese Unsicherheit jedesmal exakt reproduziert, wenn Du an diese Stelle kommst, wenn Du Dich nicht darum kümmerst, die Unsicherheit zu beseitigen.

Wenn man aber (was viele Leute leider machen..) zu schnell übt, bemerkt man die unsicheren Stellen viel zu wenig, man klimmpert irgendwie drüber weg und glaubt vielleicht, daß man das Stück ganz gut spielen kann (bis man jemand hört, der gut geübt hat..;-). Gut Üben heißt, langsam spielen und jeder Bewegung volle Aufmerksamkeit schenken. Wenn man eine kritische Stelle beim Üben entdeckt, heißt es kreativ sein und Wege suchen, das Problem zu lösen.

Es hilft z.B. bei kritischen Stellen sehr, wenn man das eigentlich Problem rausfindet. Oft ist es nur auf einen bestimmten Griffwechsel oder eine Komplikation in der rechten Hand beschränkt. Der Schlüssel zur Lösung ist genau diesen klitzkleinen Schritt an dieser Stelle rauszufinden, wieso die eigentlich "schwer" ist. Übst Du dann diese kleine (minimale) Bewegung, machst Du Dir klar,
was Du üben mußt, hast Du schon gewonnen.

So kannst Du hingehen und nach und nach alle kritische Stellen zu "normalen" Stellen zu machen. Wenn Du ein Stück bei langsamen (wirklich langsamen ;-) Tempo locker und leicht ohne Stress-Stellen durchspielen kannst, wirst Du es auch genau so bei normaler Konzertgeschwindigkeit können. Viele klassische Musiker üben z.B. vor jedem Konzert nochmal Ihr Programm in Super-Mega-Zeitlupe, mit extrem lockeren Händen. Im Konzert legen sie dann "den Schalter um" und lassen ihr motorisches Gedächtnis die Arbeit machen.

Wenn der "motorische Kram" sicher läuft, hat man auch den Kopf frei um sich um die eigentliche Musik zu kümmern (da war doch noch was mit dem Feeling...)

 

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