Frage:
Sind Skalen zum Improvisieren überhaupt notwendig? Ich sehe die Sache so, daß einem die Skalen so ´ne Art grobes Raster mit auf den Weg geben. Ich versuche beispielsweise, nicht einfach nur die Fingersätze draufzukrigen, sondern vor allem, mir den Klang der einzelnen Töne zu merken, bzw. meine "inneres Ohr" zu schärfen - das ist natürlich langwierig. Bin ich damit auf dem richtigen Weg, oder sollte ich Deiner Meinung nach vorerst einfach nur möglichst viele Fingersätze lernen? Antwort: Skalen sind sehr nützlich zum Improvisieren. Sie geben, wie Du schon richtig erkannt hast ein grundlegendes Raster, bei dem man immer sicher sein, daß man keine Töne spielt, die völlig daneben klingen (natürlich gibt's immer mal konsonantere Töne in der passenden Skala bei bestimmten Begleitakkorden in bestimmten Zusammenhang). Wenn Du z.B. über die Akkordfolge C | F : || improvisierst, passt die C-Dur Tonleiter wunderbar. Du kannst also sicher sein, wenn Du sie über die 2 Takte rauf und runterdudelst, klingt's allgemein passend. Aber Du mußt schon aufpassen, daß die Melodien, die Du über C spielst, eher die Akkordtöne von C-Dur (C, E, G) betonen. Wenn Du über C z.B. den Ton F betontst klingt's irgendwie falsch, da er sich mit den Dreiklangstönen von C "beißt" . Also d.h. Du mußt vertraut sein mit den Fingersätzen der Skala, aber auch wissen, wann welcher Ton am besten passt. Natürlich kann das manchmal auch gewollt sein bzw. den Reiz einer Improvisation ausmachen, "falsche" Töne in die Soli einzubauen. Es ist aber immer hilfreich zwischen passenden und (sagen wir mal) kontrast-bringenden Tönen unterscheiden zu können.. Daher ist Dein Weg Deine Ohren zu schärfen auch sehr gut (das ist im Grunde das wichtigste!), aber Du solltest auch wissen, "warum" etwas gut oder schräg in bestimmten Zusammenhängen klingt. So kommst Du insgesamt schneller und sicherer voran. |
Frage:
Ich denke aber, das "innere Ohr" zu schärfen ist letztlich der ganze Sinn der Skalenlernerei, oder? Wenn man eine Melodie, die man im Kopf hat, intuitiv aufs Griffbrett umsetzen könnte (was allerdings höllisch schwer ist, wie ich schon gemerkt habe), könnte man sich die ganze Lernerei sparen, nicht wahr?
Antwort:
Es ist, denke ich mal, eine Kombination aus drei Sachen. Erst gut die Fingersätze kennen (auch wegen der Motorik), dann theoretisch wissen, "wieso" das klingt. Als Drittes und musikalisches Wichtigste nach Gehör spielen. Im Grunde muß man an allen 3 Baustellen gleichzeitig arbeiten und Alles so gut beherrschen, daß man fast "Unbewußt" spielen kann (wie Radfahren, Schwimmen...) dann fängt's an cool zu klingen, weil Du dann Dein "inneres Ohr" spielen läßt. Das ist übrigens ein sehr guter Begriff dafür, den wandte unsere Gehörbildungslehrerin in Köln auch öfters an...(tolles Buch dafür ist ja Hear And Read, falls Du's noch nicht hast, schau mal in meine Buchtipps / Theorie..).
Frage:
Außerdem gibt es ja ´ne Menge "Guitarheroes", die keine Ahnung von Harmonielehre und Skalen haben, aber trotzdem hervorragend improvisieren können (Eric Clapton, Gary Moore, Jimmy Page, Albert King, ... gehören, glaub´ ich, zu dierser Sorte). Es muß also noch einen anderen Weg als den "Tonleiter-Weg" geben. Vielleicht könntest Du mir ein paar Tips/Anregungen geben, wie man diesem rein "feelingmäßigen" Improvisieren näherkommt? Vielleicht könnte man auch beide Wege kombinieren? Ist dieser rein feelingmäßige Weg überhaupt zu empfehlen, oder nur für echte Naturtalente begehbar?
Antwort:
Stimmt z.T., aber die Jungs haben sicher auch Einiges in der Theorie-Richtung drauf. Aber sie werden mit Sicherheit oft den Feelingsweg gegangen sein. Da kommst Du (u.a.) hin, wenn Du viel "rumklimmperst", Sessions (nächtelang..) machst, und Dir immer wieder richtig gute Leute anhörst. Raushören von Stücken wurde von solchen Leuten oft als Selbstunterricht praktiziert.
Aber z.B. von Eric Clapton hab ich mal ein altes Video gesehen, wo er dem Reporter mit der Gitarre in der Hand haarklein verschiedene Positionen der Bluesskala anhand von ein paar Riffs gezeigt hat.
Was mir viel geholfen hat gute Riffs zu finden, und weg von dem Skalengedudel zu kommen, war, beim TV glotzen immer so kleine Riffs vor mich hinzuklimpern. Kleine musikalische Einheiten quasi nebenher, ohne große bewußte Konzentration, zu entdecken (das baute natürlich alles auf dem täglichen sturen Grundlagentraining auf.. ohne Fingerfertigkeit gehts nicht.)
Der Feelingsweg ist ultrawichtig, ohne den gibt's keine gute Musik! Aber die motorischen und theoretischen Übungen helfen Dir Deine Feelings besser und variationsreicher auszudrücken.
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