Frage:

Du hast ja an der Musikhochschule zu Köln studiert, hattest du Abitur oder wurde diese sogenannte "herrvoragende-künstlerische-Begabung" festgestelt ? Ich hätt nämlich vor dieses bei mir feststellen zu lassen, denn ich habe leider kein Abitur. Deswegen wäre dies meine einzige Möglichkeit.

Wie genau sehen dort die Prüfungen aus ? Was wurde oder wird dort exakt verlangt ? Natürlich könnte ich mich selber an die Hochschule wenden, aber ich kann dich ja auch erstmal nach deinen Erfahrungen ausquetschen solange du Lust darauf hast. Was genau hast du denn studiert ? Klassik, Jazz oder Komposition ? Würde mich halt mal interessieren. Am meisten interessiert mich natürlich die Aufnahmeprüfung. Was für Stücke hast du denn damals dort vorgetragen ?

Für die Kölner Musikhochschule brauchte man kein Abitur, heute ist das glaub ich auch noch so. Ich bin da so mit "Ach und Krach" reingerutscht, aber konnte mich immerhin 4 Jahre da behaupten, bevor mir das ganze doch zu "klassisch" wurde (und ich den Profs auch nicht grade "klassischen" Ehrgeiz zeigte... ;-).

Ich habe IP (Instrumental Pädagogik) für klassische Gitarre studiert. Ansonsten kann man da IP für alle möglichen andere Instrumente incl. Jazz studieren, Schulmusik (mit Hauptfach Klavier) oder Kirchenmusik (Orgel...). Für die letzten zwei Fächer (very schwer) muß man auch Chorleitung und alles Mögliche machen.

Bei IP sind dann neben Deinem Hauptinstrument noch ein Nebeninstrument Pflicht (damit konnte man zu meiner Zeit aber auch erst im Studium anfangen, ich hatte z.B. Klavier) und sonstige Nebenfächer wie , Musikpädagogik, Musikgeschichte, Formen-, Harmonielehre, Arbeitschor (alles auch für Jazzer) usw. verbunden. Man hat ca. 20-30 Stunden Kurse in der Woche (incl. Hauptfachunterricht Gitarre z.B.).

Die Aufnahmeprüfung (1983!) bestand aus dem Vortrag von zwei Stücken aus zwei verschiedenen Epochen. Ich spielte das a-moll Präludium aus der 3. Lautensuite von Bach und "El Abejorro" von E. Puchol. Davor gab's ne Theorieprüfung (mittlerweile ist Bestehen dort Voraussetzung um Vorspielen zu können) mit Gehörübungen etc.: Intervalle hören (erkennen nach Gehör und aufschreiben, der untere Ton wurde genannt), Rhythmusdiktate. Fragen zur Harmonielehre und sonstiges...war etwas heftig, aber Übungssache ;-)

Ich hab dann erstmal zwei Probesemester (mit anschließender Nachprüfung) machen dürfen, weil meine Theorieprüfung etwas besch... war. Bei meinem Studium hatte ich dann wie gesagt das Glück Eliot Fisk als Lehrer zu kriegen, der wirklich ein toller Typ ist, abgesehen davon, daß er die klassische Gitarre wirklich rocken läßt :-) Er hat mich bei der Nachprüfung auch ziemlich unterstützt, sodaß ich noch 3 Jahre dranhängen konnte, aber eigentlich war (und bin ;-) ich kein richtiger Klassiker. Und wenn man das (bis zum Ende) studieren möchte, sollte man schon die klassische, der elektrischen Gitarre vorziehen (wenigsten für 5-6 Jahre ;-).

Allerdings liebe ich die Nylongitarre an sich immer noch sehr (Bossa Nova, Jazz, und auch Klassik ;-), ich bin halt nur kein "Ultra"-Klassiker. Alle klassischen Gitarristen in Köln, die vorher Rock gemacht hatten, hatten ihre E-Klampfen an den Nagel gehängt. Wenn Du klassische Gitarre studieren willst, solltest Du also voll drauf einsteigen, und Dir auch gutes Hintergrundwissen (Komponisten, Epochen, Stilistik etc.pp.) draufschaffen. Ich z.B. hatte das am Anfang nicht, das war manchmal etwas peinlich...("Wer ist Villa Lobos?" haha...).

Ein guter Tip sind Seminare, die für 3-4 Tage irgendwo abgehalten werden (ein Schüler von mir war da letztens). Da findest Du Gleichgesinnte und echte Cracks, die Dir weiterhelfen können. Ansonsten "rangehen!", d.h. fahr zu der Hochschule, laß Dir die Prüfungs unterlagen geben, quatsch vor allen Dingen mit Leuten, die Dein Fach studieren! Und dann mußt Du richtig gut (Qualität statt Quantität!) üben, das Fingernagelproblem würdest Du besser auch versuchen zu lösen ;-). Meine Schwester hatte das früher auch, die hat das irgendwann auch hingekriegt :-)

Ansonsten haben alle möglichen Leute mir vor der Prüfung gesagt, daß ich das nicht schaffen würde (incl. mein Gitarrenlehrer ;-). Ich hab mir aber gedacht, wenn ich's nicht probiere, werd' ich's nie wissen, ob ich gut genug bin (im Endeffekt lief's natürlich irgendwie so: Probieren ist besser als studieren ;-))

Ich wünsch Dir auf jeden Fall alles Gute und Erfolg bei Deinen Plänen :-) Vielleicht hast Du ja mal Lust mir eine Cassette von einem von Dir gespielten Stück zu schicken (einfach in nen Briefumschlag ohne Gehäuse kostet nur 1,10 Porto ;-) dann kann ich Dir vielleicht noch ein paar Tips zum Gitarrenspiel geben...

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